Durch die neuen Gesetze soll es erstmals möglich sein, dass Gerichtsvollzieher sich Auskünfte über Vermögensverhältnisse und Beschäftigungsverhältnisse des Schuldners holen können. Außerdem sollen neben den bisher üblichen Zwangsversteigerungen am Ort auch die Versteigerungen gepfändeter Gegenstände über das Internet möglich sein.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries bezog dazu in Berlin folgendermaßen Stellung: "Mit den verbesserten Informationsmöglichkeiten für Gläubiger können vollstreckbare Zahlungsansprüche effektiver durchgesetzt werden, wenn der Schuldner – entgegen seiner gesetzlichen Pflicht – falsche oder gar keine Angaben zu seinem Vermögen macht. Gerichtsvollzieher können im Auftrag des Gläubigers künftig zum Beispiel herausfinden, wo der Schuldner Konten oder Depots führt. Durch eine Anfrage beim Rentenversicherungsträger kann der Gerichtsvollzieher erfahren, ob und wo ein Arbeitsverhältnis besteht. Mit diesen Informationen kann der Gläubiger die entsprechenden Forderungen durch das Vollstreckungsgericht pfänden lassen. Durch eine präzise Fassung der Voraussetzungen für eine Auskunft durch Dritte – z.B. den Rentenversicherungsträgern – stellen wir aber sicher, dass der Eingriff in das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung auf das Notwendige beschränkt wird. Ich bin sehr froh, dass die parlamentarischen Beratungen dieses wichtigen Projekts, dass wir gemeinsam mit den Bundesländern in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf den Weg gebracht haben, noch in dieser Legislaturperiode zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht worden sind. Die heute ebenfalls beschlossenen vereinfachten Versteigerungsmöglichkeiten für gepfändete Gegenstände im Internet dienen Schuldner und Gläubiger gleichermaßen: Gerade für den Schuldner ist es sehr wichtig, mit der Versteigerung einen möglichst hohen Erlös zu erlangen. Denn: Je höher der Erlös, desto weniger Gegenstände müssen versteigert werden, damit der Schuldner seine Verbindlichkeiten begleichen kann. Ich gehe davon aus, dass mit der geplanten Internetversteigerung größere Beträge erzielt werden können. Über das Internet erreichen wir einen viel größeren Bieterkreis und die Auktionsplattform ist für jedermann 24 Stunden am Tag zugänglich. Ein größerer Bieterkreis bedeutet mehr Wettbewerb um den Zuschlag und dadurch höhere Erträge. Wir helfen damit Schuldnern, wieder auf die Beine zu kommen. Und wir unterstützen die Gläubiger bei der Beitreibung ihrer offenen Forderungen.”
Im Folgenden sollen die neuen Gesetze näher erläutert werden:
1. Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung
Bisher war immer die Pfändung beweglicher Gegenstände beim Schuldner durch den Gerichtsvollzieher der erste Weg. Das soll sich jetzt ändern. Künftig soll der Gläubiger Einblick in die Vermögensverhältnisse bekommen, damit Forderungen besser durchgesetzt und Vermögen oder Lohn gepfändet werden können. Hierzu wird der Gerichtsvollzieher vom Schuldner eine Vermögensauskunft einholen. Verweigert der Schuldner die Vermögensauskunft oder sind die in der Vermögensauskunft dargestellten Vermögensverhältnisse so schlecht, dass eine Begleichung der Forderungen des Gläubigers nicht zu erwarten ist, ist der Gerichtsvollzieher berechtigt, Auskunft über Dritte einzuholen. Auskünfte können beim Bundeszentralamt für Steuern, bei den Rentenversicherungsträgern und beim Kraftfahrt-Bundesamt eingeholt werden. Auf diese Weise wird deutlich, ob der Schuldner in einem Arbeitsverhältnis steht, ein Kraftfahrzeug besitzt oder irgendwo Konten und Depots mit Vermögen führt. Sind diese Auskünfte erfolgreich, kann auf dieser Basis leichter ein Pfändungsverfahren eingeleitet werden. Der Gläubiger kann dann zum Beispiel das Konto des Schuldners fänden lassen oder den Gerichtsvollzieher mit der Pfändung des Fahrzeugs beauftragen.
Die eidesstattliche Versicherung bzw. Vermögenserklärung soll künftig durch eine zentrale Stelle pro Bundesland den Vollstreckungsbehörden, Gerichtsvollziehern oder Strafverfolgungsbehörden zugänglich gemacht werden. Bisher war die Auskunft nur bei den örtlichen Amtsgerichten einzuholen. In der Zukunft sollen die Vermögensverzeichnisse von einem zentralen Vollstreckungsgericht aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin ist geplant, dass ein zentrales Vollstreckungsgericht ein länderübergreifendes Schuldner-Register über das Internet führt, in dem alle Schuldner aufgeführt sind, die entweder zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig sind. Das Register soll wie bisher für jeden zugänglich sein, der ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. So können zum Beispiel Vermieter sich Informationen über zukünftige Mieter einholen und Gewerbetreibende bekommen Einblick über die Zahlungsmoral künftiger Geschäftspartner. Weiterhin können die Auskünfte natürlich zur Durchführung einer Zwangsvollstreckung eingeholt werden.
2. Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung
Die momentan gültige Zivilprozessordnung besagt, dass bewegliche Sachen, die von dem Gerichtsvollzieher gepfändet wurden, nur durch diesen vor Ort versteigert werden dürfen. Man spricht hier von der Präsenzversteigerung. Dieses Verfahren ist sehr aufwändig, weil bei dieser Versteigerung interessierte Bieter sowie natürlich die Versteigerer persönlich anwesend sein müssen. Nicht nur der Zeitaufwand ist hier sehr groß, sondern je nach erforderlicher Anreise auch die Kosten. Eine Versteigerung über das Internet darf nur auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners erfolgen. Die Internetversteigerung soll künftig einen gleichen Stellenwert bekommen wie die Präsenzversteigerung und jederzeit möglich sein. Zypries hierzu: "Dadurch ermöglichen wir ein anwenderfreundliches und unbürokratisches Verfahren.” Die Versteigerung über das Internet soll künftig als gesetzlicher Regelfall in der Abgabenverordnung enthalten sein. Die Plattform, auf der die Gegenstände versteigert werden, kann durch die Bundesländer frei gewählt werden. Außerdem bestimmen die Bundesländer den Verlauf der Auktion, den Start und das Ende sowie die Teilnahmebedingungen. Im Zuge des neuen Gesetzentwurfes soll auch das Bürgerliche Gesetzbuch dahingehend geändert werden, dass künftig auch Fundsachen über das Internet versteigert werden können.