Seit Jahren steigt die Zahl der Niedriglohnempfänger in Deutschland an, nach Aussagen von Arbeitsmarktforschern bieten diese Beschäftigungsverhältnisse auch Chancen am Arbeitsmarkt.
Nach einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) unterschritt in 2010 der Stundenlohn von knapp 25 Prozent der Beschäftigten in Deutschland 9,54 Euro brutto. Damit liegt Deutschland an der Spitze der anderen westlichen EU-Länder. Bei ausschließlicher Berücksichtigung von Vollzeitbeschäftigten reduziert sich der Anteil auf ein Fünftel, ist im Vergleich aber immer noch sehr hoch. Die IAB-Studie geht – analog zu anderen international vergleichenden Analysen – bei der Niedriglohnschwelle von zwei Dritteln des nationalen Medianlohns aus, das heißt, 50 Prozent der Beschäftigten überschreiten, 50 Prozent unterschreiten diesen Lohn. Damit ergab sich in 2010 beim Niedriglohn ein Stundenlohn von 9,54 Euro brutto.
Nicht nur Einkommen beeinflusst Armut
Nach Forscheraussagen verursacht die Niedriglohnbeschäftigung nicht zwingend Einkommensarmut. Nicht nur der individuelle Bruttolohn sondern auch die anderen Einkünfte sowie die Auswirkung von Steuer- und Transfersystemen und der Haushaltskontext beeinflussen die wirtschaftliche Not.
Hoher Frauenanteil
Den höchsten Anteil der Geringverdiener halten länderübergreifend Frauen, Jüngere, Minderqualifizierte, Ausländer, befristet Beschäftigte und Arbeitnehmer in Kleinbetrieben. Besonders hoch ist die Quote von Frauen und Teilzeitarbeitnehmern unter den Niedriglohnempfängern. Keinesfalls empfangen nur schlecht qualifizierte Menschen einen geringen Verdienst, über 80 Prozent von ihnen haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Allerdings geben die Daten, auf denen die Studie beruht, keinen Aufschluss darüber, wie viele in ihrem Ausbildungsberuf tätig sind.
Anteil Niedriglohnempfänger seit Jahren steigend
Bereits seit den 90er Jahren ist in Deutschland ein signifikanter Anstieg der Zahl sowie der Anteil an der Gesamtbeschäftigung von Niedriglohnempfängern zu verzeichnen. Der Arbeitsmarktforscher Thomas Rhein sieht die steigende Anzahl von Geringverdiensten als Chance für Erwerbslose, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Allerdings warnt er vor dem daraus resultierenden gesellschaftlichen und sozialpolitisch kritischen Trend zur Polarisierung der Erwerbseinkommen.
Niedriglohnjobs können Chancen bieten
Seiner Ansicht nach kann die Niedriglohnbeschäftigung nicht nur nach der Wirkung der Verteilung beurteilt werden. Er regt an, sich zu fragen, ob durch die gering bezahlten Tätigkeiten aus arbeitsmarktpolitischer Sicht eine Reduzierung der Arbeitslosigkeit bewirkt werden kann, da sie Arbeitskräften mit minderen Qualifikationen Chancen bietet. Allerdings besteht im Ländervergleich kein größerer Anteil von Geringverdienern mit einer niedrigeren Arbeitslosigkeit und einem höheren Beschäftigungsstand.